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Sassenberger Zapfveteranen erinnern sich

Die Zapfveteranen Franz Wesselmann und Erwin Witulski erinnern sich an viele gemeinsame Einsätze hinter der Theke. Ein Knochenjob auf Schützenfesten, der ihnen aber trotzdem – nicht nur in Sassenberg - Spaß gemacht hat. zapfveteranen

„Ein echter Schütze kennt keinen Schmerz“ könnte eine abgewandelte Redewendung lauten. Der hält viel aus, vom Marschieren bei Gluthitze, dem manchmal zähen Ringen um die Königswürde an der Vogelstange, bis hin zu den langen Tanz- und Festabenden. Alles ganz schön anstrengend so drei Tage in Folge. Nicht weniger schweißtreibend ist das für das Servicepersonal – damals und heute.

Zwei Zapfveteranen erinnern sich im Gespräch mit unserer Zeitung an viele gemeinsame Jahre hinter der Theke und am Weinbrunnen. Im Hauptberuf war Franz Wesselmann Tischler, Erwin Witulski erst Weber danach Schlosser. „Alles immer im Akkord“, erinnert er sich. Eine gute Übung für das, was die beiden jahrzehntelang auf dem Sassenberger und anderen Schützenfesten geleistet haben. „Von morgens um 9 bis zum nächsten Tag standen wir parat“, verweisen sie auf ihre damalige Kondition. Denn die brauchte man bei dem Knochenjob. Oft gab es lange Wege und Kühlwagen wie heute gab es nicht - da mussten auch schon mal Eisblöcke geschleppt werden.

Pausen waren knapp auf den Festen. Witulski nutzte eine ganz besondere 1971 und schoss dem Vogel die Krone weg. „Aus dem Bierstand raus, ran an den Schießstand und wieder zurück“, lacht er und freut sich noch heute über den Coup.


Weinbrunnen gibt es nicht mehr

An die Lederschürzen, die man damals trug, erinnern sich beide. Auch an jene Kunden, die nicht nur ungeduldig quengelten, sondern es durchaus auch übertrieben. „Das Glas ist gar nicht voll“, habe ihm einer vorgeworfen sagt Witulski. „Bei Freibier“, schüttelt er noch heute den Kopf. Seine spontane Reaktion: „Gib her dein Glas“, und als er es hatte, angefügt „Nun kriegst Du gar nix!“

Das Bier stand als Getränk so wie heute immer im Mittelpunkt der Schützenfeste. Longdrinks, heute ebenso total „in“ wie die „Shots“ gab es früher nicht. Das begann erst in den 1990ern. Den roten Aufgesetzten, der bis heute überlebt hat, gab es allerdings schon lange. Wein gab es früher auch und gibt es auch heute noch.

„Früher gab’s zur Krönung Steinhäger“, weiß Wesselmann. Bis 1981, danach ein Jahr lang Sekt, jetzt eben Wein. Der Weinbrunnen ist allerdings nur noch ein Stück Erinnerung. Ebenso wie die mittags beliebte „Zunge in Madeirasoße“, die von den Frauen serviert wurde.

Franz Wesselmann ist 76, Erwin Witulski 86 Jahre alt. Im Schützenverein sind beide viele Jahre. „Seit 1965“, fällt Franz Wesselmann ein, der bereits zuvor, im Jahr 1961, sogar Kinderkönig mit Bärbel Maas gewesen ist. Das Zapfen und der Dienst an Theke und Weinbrunnen hat beiden trotz aller Anstrengung Spaß gemacht. Seit einigen Jahren sind die beiden auf den Sassenberger Schützenfesten allerdings nur noch in weißen Hosen anzutreffen und feiern mit. Auf das Fest vom 9. bis 11. Juli stießen sie jüngst in Arenhövels Garten schon mal mit einem Gläschen Wein an.

Auszeichnung für 70 Jahre Mitgliedschaft

Kein einziges Mal sei er in seiner aktiven Zeit zu Fuß im Schützenzug unterwegs gewesen, erzählt Ernst Rath und lüftet auch gleich das Geheimnis dahinter. Rath ist einer von sechs Schützenbrüdern, die in diesem Jahr für 70 Jahre Mitgliedschaft im Verein ausgezeichnet wurden. Ihr Fazit zum Thema Schützenfest: Jedes war das schönste und das fing schon bei der Vorfreude an. 70 jahre mitgliedschaft

Heinz Oetter erinnert sich noch genau: Während seiner ersten Schützenfeste im Brook trug er noch eine Tasse um den Hals gehängt, aus der es leckeren Erdbeersaft zu trinken gab. Das ist lange her, war vor dem Krieg. Damals gab es zwar schon Kinderbelustigung ganz in der Nähe der Vogelstange, die Kleinen durften aber anders als heute noch keine Vereinsmitglieder werden. Es galt eine Altersgrenze von 18 Jahren.

Eingetreten in den Bürgerschützenverein ist Oetter, Jahrgang 1933, ebenso wie Helmut Franke, Ernst Rath und Bernhard Strotmann im Jahr 1952. Der amtierende Schützenkönig Thomas Stratmann zeichnete die vier Schützenbrüder sowie August Glanemann und Heinz Fischer in Abwesenheit deshalb am Donnerstag mit einem Ehrenzeichen für siebzig Jahre Vereinsmitgliedschaft aus.

Die heute typischen weißen Hosen und schwarzen Jacken gab es bei den ersten Schützenfesten, die sie als Schützenbrüder erlebten, noch nicht, erinnern sich die Herren beim gemütlichen Kaffeetrinken im Café Arenhövel. Schützenhut und Anzug - oft ein fescher, heller - waren als Bekleidung angesagt. An das Schicksal seines - da schon dunklen - Schützenrockes in einem besonders heißen Sommer, erinnert sich Ernst Rath heute mit Belustigung: Er hatte das gute Stück ausgezogen und dann war es plötzlich weg. Erst nach Ende des Schützenfestes fand es sich beim Aufräumen wieder an.

„Die Jungs hatten daraus einen Ball gemacht und damit vor dem Eingang Fußball gespielt“, erzählt der langjährige Oberst und spätere General. „Aber damals war das so gute Qualität, das hat dem Rock nichts ausgemacht."


Der General hoch zu Ross

Apropos General: Dieser Titel wurde eigens für Ernst Rath „erfunden“, berichtet Martin Arenhövel: „Nachdem er jahrelang Oberst war, musste noch eine Beförderung her.“ Rath, der nach eigenem Bekunden nie zu Fuß im Festumzug mitgegangen ist, sondern schon als junger Schützenbruder stets hoch zu Ross, wollte Anfang der 90er Jahre langsam als kommandierender Oberst abtreten. 1993 wurde er dann zum General befördert. „Da habe ich das dann noch drei Jahre gemacht“, sagt Rath amüsiert, der unter Hans Sundermann auch Vizepräsident des Vereins war.

Welches Fest in all den Jahren das schönste war, darauf will sich keiner der Schützenbrüder festlegen. „Jedes Fest war gleich schön“, betont Rath entschlossen. Und das begann schon mit der Vorfreude. So wie in diesem Jahr.