sidetitle 2017

Freut Euch des Lebens

     
 

Wir sind Schützenfest: Die Musiker Hermann Pelster, Heinz Böckmann, Felix Tarner und Frank Schöne erzählen von ereignisreichen Weckrufen. Foto: Oertker

Musik-Veteranen erinnern sich

Sassenberg - Wo Schützenfest gefeiert wird, dürfen Flöten, Pauke, Lyra und Becken nicht fehlen. Der Sassenberger Spielmannszug weiß seine Instrumente seit Jahrzehnten am Schützenfestmontag, dem Hauptfesttag gekonnt einzusetzen. Beim Weckruf erklingt noch vor dem ersten Hahnenschrei das Lied „Freut euch des Lebens“.

„Wir sind Schützenfest“ darf zu Recht auch der Sassenberger Spielmannszug von sich behaupten. Denn neben musikalischer Begleitung bei den Umzügen und Platzkonzerten ist der Verein vor allem berühmt berüchtigt für seinen morgendlichen Weckruf am Schützenfestmontag. Richtig interessant wird es, wenn Sassenberger Musik-Veteranen in Erinnerungen schwelgen und die ein oder andere Anekdote auspacken. Hermann Pelster erinnerte sich bei einem Treffen mit seinen Vereinskollegen Heinz Böckmann, Felix Tarner und Frank Schöne an die traditionellen Weckrufe der vergangenen Jahrzehnte.

„Anfangs fand der Weckruf mit einem Anhängergespann an einem alten Unimog statt, später wurden die Musiker auf der Ladefläche eines LKWs gefahren, berichtet Pelster, der selber 25 Jahre lang Fahrer des LKWs war und 10 Jahre die Pauke im Spielmannszug schlug. „Heute dient ein Bus als Gefährt der 46 Kilometer langen Strecke“, ergänzt Heinz Böckmann, der die Rolle des Fahrers vor vier Jahren übernommen hat nachdem er 40 Jahre mit Querflöte und Pauke im Verein aktiv war.

Bereits um 1 Uhr in der Nacht trifft sich das Weckkommando alljährlich um bereits eine Stunde später nach und nach die Bettruhe der Sassenberger Schützenfestfreunde zu beenden. Dabei werden besonders gerne die Häuser von Vorstandsmitgliedern und alten Königen angefahren, wobei das leibliche Wohl natürlich nie zu kurz kam. „Einen Schnaps an jeder Haustür haben wir nicht geschafft, schließlich fahren wir knapp 65 Häuser direkt an“, weiß Felix Tarner aus Erfahrung zu berichten, schließlich hat er 37 Jahre lang im Spielmannszug mitgespielt und davon knapp 15 Jahre als Tambourmajor agiert.

Etwa 150 Lieder werden bei einem Weckruf gespielt, davon mindestens 65 Mal, nämlich vor jeder Station das Lied „Freut euch des Lebens“. „Damit uns die Puste nicht ausging wurden wir immer gut bewirtet“, sind sich alle Musik-Veteranen einig. Ob ein Frühstück mit Rührei aus der Kupferpfanne bei Familie Borgmann, ein Tablett Malteser auf Eis bei Anni Storck, ein Fischfrühstück bei Heinz und Elisabeth Böckmann, Mettendchen und natürlich der ein oder andere Schnaps mit einem Bier bei vielen anderen Geweckten sorgte stets für weitere Energie. „Auch der Verzehr von rohen Eiern, die mit dem Kordelschmuck aufgetippt wurden gehörte zur Tradition“, berichtet Frank Schöne, aktives Mitglied und Querflötenspieler seit 31 Jahren, schmunzelnd. „Auch heute werden wir immer noch gut versorgt, das Frühstück bei Averesch und bei dem alten König ist uns jedes Jahr sehr willkommen“.

Schützen, die in der Nacht in Unterhemd und mit Schärpe die Tür öffneten, die Rücken voller Käfer wenn man aus dem Brook herausfuhr oder der frühmorgendliche Walzertanz von Josef Philipper mit „Oma Kövener“ sind unvergessen. „Erst vor einigen Jahren haben wir mit dem Scheffer LKW eine alte Eiche mitgenommen da die Äste vom Regen so tief hingen“, erinnern sich die Musiker nur allzu gut, „denn oft genug lief uns der Regen den Nacken hinunter“. Wieso es bisher nur Hermann Pelster geschafft hat, Schützenkönig zu werden, können die Herren sofort grinsend beantworten. „Wir Musiker haben einfach keine Zeit zum Zielen! Und schließlich sehen es doch viele von uns noch am Dienstagmorgen als Aufgabe an, den neuen Schützenkönig mit musikalischer Begleitung nach Hause zu bringen“.

Ein wenig Wehmut ist Hermann Pelster und Felix Tarner bei dem Gedanken an das anstehende Schützenfest anzusehen. „Auch wenn wir nicht mehr aktiv bei dem Weckruf dabei sind, schlafen können wir in der Nacht zum Schützenfestmontag trotzdem nicht gut.“ Beide sind sich jedoch sicher, dass Heinz Böckmann und Frank Schöne sie gut vertreten werden und gemeinsam mit den weiteren Musikern wieder einen schönen Weckruf in knapp drei Wochen mit dem Lied „Freut euch des Lebens“ erleben werden.

Quelle:  WN vom 26.06.2014 / Text & Foto:  Theresa Oertker

Männer vom Weckruf holen Schützen aus den Betten

     
 

Aufgeweckte Schützenbrüder: (v.l.) Hermann Pelster, Heinz Böckmann, Felix Tarner und Frank Schöne sorgen am Schützenfestmontag dafür, dass niemand das Jahresfest verschlafen kann.   Bild: Austrup

Sassenberg (ra) - Wenn in den nächtlichen Straßen der Hesselstadt das bekannte „Freut Euch des Lebens“ erklingt, dann weiß es auch der Letzte: Es ist Schützenfest. Genauer gesagt Schützenfestmontag. Zeit für den großen Auftritt des „Weckkommandos“ des Spielmannszugs.

Wie lange es die Tradition des morgendlichen Weckens mit Musik schon gibt, das wissen Heinz Böckmann, Felix Tarner, Hermann Pelster und Frank Schöne nicht genau. Von ihnen ist jeder schon 30 Jahre dabei. In Pelsters Wintergarten plaudern sie aus dem Nähkästchen:

Los geht es meist schon um 2 Uhr morgens. Früher mit dem Trecker samt Anhänger, dann per Unimog, später mit dem Lkw. Hermann Pelster am Steuer, der Spielmannszug mit Trommeln, Lyra, Becken und Pauken auf der Ladefläche. Seit vier Jahren gibt es den Bus. Ihn fährt Heinz Böckmann.

Während der Fahrt sind Türen und Fenster weit geöffnet. Schließlich wollen die Spielleute weithin gehört werden. 46 Kilometer misst ist die aktuelle Strecke, 65 ehemalige Könige, Schützenpräsidenten und Vorstandsmitglieder wollen „geweckt“ werden. Aus dem Bett bekommen haben die Musiker noch jeden, auch wenn es bisweilen ein wenig länger (und lauter) zugeht.

Da kommt der eine oder andere schon mal mit kleinen Augen im Bademantel und mit falsch herum aufgesetztem Schützenhut aus dem Haus. „Wir sehen genau, wer zuvor eine kurze Nacht gehabt hat“, schmunzelt Tarner.

Eins ist an jeder Station gleich: Ob Heinz Scheffer, der als ehemaliger Vizepräsident als erster besucht wird, oder einer der zahlreichen ehemaligen Könige – keiner tritt mit leeren Händen auf die Straße. Ob Mettendchen, Schmalzstullen oder eiskalter Malteser; um das leibliche Wohl unterwegs müssen sich die Männer vom Weckruf nicht sorgen.

Apropos Malteser: „Früher, als es nur so an die 25 Stationen waren, hatte mancher den Ehrgeiz, bei jedem Halt einen Korn zu trinken. Heute wäre das wohl kaum möglich“, weiß Hermann Pelster. Er als langjähriger Fahrer hat natürlich sowieso nur zum Kaffee gegriffen. Das allerdings reichlich. Oder zum legendären Rührei bei Reinhold Borgmann: „Aus der Kupferpfanne, das war ein unumstrittener Höhepunkt unserer Fahrt.“ „Und erst die Fischplatte bei Heinz und Elisabeth Böckmann. Ein Gedicht“, kommt Felix Tarner regelrecht ins Schwärmen. Erst beim jeweils amtierenden König endet die Arbeit, meist so gegen 6 Uhr. Dann wird noch einmal aufgefahren. Der Regent ist für das Frühstück seiner Musiker verantwortlich.

Die bringen, trotz der vielen Stationen, stets einen guten Appetit mit. Schließlich haben sie unterwegs mindestens 150 Lieder gespielt, davon 65-mal „Freut Euch des Lebens“. Und manch aufgeweckte Schützenschwester hat die Musiker spontan zum Tango aufgefordert. „Wir sind für jeden Spaß zu haben, schließlich sind wir mit Leib und Seele Schützenbrüder“, sagen Pelster, Böckmann, Schöne und Tarner wie aus einem Munde.

Doch manchmal mussten sie auch brenzlige Situationen gemeistert. Wie vor zehn Jahren an der Breslauer Straße, als um 3 Uhr plötzlich ein Streifenwagen vor dem Lkw mit seiner lebensfrohen Ladung stand. Was sie da täten sei Ruhestörung, sagten die Beamten. Jetzt sei aber „Schluss mit lustig“.

„Im Gegenteil, wir fangen gerade erst an“, entgegnete Heinz Böckmann keck. Doch dann klärte sich die Situation auf. Nicht wegen des Weckkommandos, sondern ob mehrerer Jugendlicher, die mit dem Ghetto-Blaster in der Straße unterwegs waren, war die Streife gerufen worden, klärten aufmerksam gewordene Nachbarn auf. Gegen „Freut Euch des Lebens“ habe man keine Einwände. Der Spielmannszug durfte weitermachen.

Gegen 7 Uhr sind die Weckleute dann, gut gestärkt durch ein königliches Frühstück, wieder zuhause. Einmal kurz unter die Dusche, dann müssen sie auch schon wieder los. Denn um 8.30 Uhr wartet das Antreten vor der Königschänke. Und das anschließende Schießen an der Vogelstange. Dort wollen sich die Weckrufer in diesem Jahr zahlreich einfinden. Schließlich sind sie am Montag zwar immer als erste auf den Beinen, doch der Königsschuss ist noch keinem vom Team gelungen. „Wir Musiker haben beim Fest so viel zu tun, dass wir kaum zum Schuss kommen“, sagt Tarner.

Aber in diesem Jahr, dem Jubiläumsjahr, könnte ja mal alles anders sein als sonst. Zu wünschen wäre es den frühen Vögeln.

Quelle: "Die Glocke" vom 25.06.2014 /  Text & Foto: R. Austrup

Aktuell haben wir

2116 Mitglieder

 Stand: 08.03.2024

Suche

Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.