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Die vier Gründungsväter

Die vier Gründungsväter

 

B. Mersmann  |  H. Wallmeyer  |  H. Sondermann  |  M. zum Egen

 
Die vier biederen Sassenberger Handwerker, die sich am 22. Mai 1840 trafen und gemeinsam zum Haus Schücking gegenüber der Kirche gingen, um dem Bürgermeister Bernhard von Schücking ihr Anliegen vorzutragen, konnten nicht ahnen, welche lange, erfolgreiche und schöne Tradition sie ihrem Heimatort bescheren würden. Sie wollten zunächst nur zweieinhalb Wochen später ein Fest feiern und hätten sich gewundert, als Gründer- und Stammväter gerühmt zu werden. So konnten sie und auch der Tag selbst in Vergessenheit geraten. Vielleicht haben schon ihre Söhne nicht mehr gewußt, dass es ihre Väter waren, die im Frühjahr 1840 den wichtigen Schritt zur Vereinsgründung unternahmen, so dass es geschehen konnte, dass sich die Ehre der Gründung und ersten Vereinsführung fälschlich an fremde Namen knüpft.
 
Haus Schücking
Hier im Haus Schücking fing alles an
 

Nachdem wir durch die im Amts- und Kreisarchiv erhaltenen Akten nach 150 Jahren endlich die wahren Männer der ersten Stunde kennen, ist es eine freudige Pflicht, diesen vier "Gründungsvätern" die längst verdiente Ehrung zukommen zu lassen, ihre Namen für immer in die Annalen des Vereins zu schreiben und sie vor dem Vergessen zu bewahren. Im Gegensatz zu den bisher irrtümlich als erste Vereinsvorsitzende angesehenen Amtmännern Wessel und Möllers, die sich nur während ihrer Dienstjahre in Sassenberg aufhielten, waren sie "echte Sassenberger", die selbst aus dem Ort stammten und / oder deren Familien bis zum heutigen Tag hier ansässig sind. Darüber hinaus sind sie, wie wir sehen werden, insofern besonders typische und interessante Vertreter unseres Heimatortes, als ihre Vorfahren sich, wie es fast bei allen Sassenbergern der Fall ist, irgendwann als mittellose Zugereiste an diesem Platz niederließen, wo das Schloß und die fürstbischöfliche Verwaltung auf Verdienstmöglichkeiten hoffen ließen und es genügend billige Hausplätze oder erschwingliche Untermieten gab, und sich erfolgreich um sozialen Aufstieg bemühten. Ferner gehörten alle vier einer Generation an, deren Jugend noch in der fürstbischöflichen Zeit lag und die dann die französische Zeit und die neuen Verhältnisse im preußischen Staatsverband erlebte.

Problematik - Gründungsdatum

Ein spannendes Rätsel!

Als nach der Völkerschlacht bei Leipzig vom 16. - 19. Oktober 1813 die französische Herrschaft östlich des Rheins in wenigen Wochen zusammenbrach und sich das Großherzogtum Berg, zu dem Sassenberg gehörte, auflöste, nahmen innerhalb weniger Wochen zum zweitenmal die Preußen Besitz vom Münsterland. Dort trauerte man den Franzosen zwar nicht nach, zeigte sich aber auch über die neuen Herren wenig erfreut.

Es war das besondere Anliegen des ersten preußischen Oberpräsidenten in Westfalen, des Freiherrn Ludwig Vincke, die "sturen" Westfalen, die sich nach der f'ürstbischöflichen Regierung zurücksehnten, behutsam an den preußischen Staat heranzuführen, der besonders wegen des konfessionellen Gegensatzes und des verhaßten Militärdienstes abgelehnt wurde.

Stärken des militärischen Geistes

In diese Phase des Integrationsbemühens fallen Schreiben Vinckes an die Kreisbehörden, in denen angeregt wird, durch Anknüpfen an das alte Brauchtum des Schützenwesens und des Vogelschießens den militärischen Geist zu stärken und die Bevölkerung mit Preußenstolz zu erfüllen. So heißt es im Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Münster vom 14.09.1816:

Es ist zu wünschen, daß die alte löbliche (..... ) Übung des Scheiben- und Vogelschießens überall, wo solche früher stattgefunden hat, wiederauflebe und wo solche noch nicht war, neu eingeführt, auch solche Tage dazu gewählt werden, welche die Erinnerung eines denkwürdigen, dem Orte, dem Lande oder dem Staate teuren Ereignisses heiligt. - Es werden die Behörden,besonders die Herren Kreis-Commissarien aufgefordert, solche angelegentlich zu befördern, über den Erfolg ihrer desfalsigen Bemühungen in den zu erstattenden Monatsberichten den Königl. Regierungen Rechenschaft zu geben und nichtnur dieOrte, sondern auch die Schützenkönige namhaft zu machen!

Die Landräte leiteten diese Anregung an die Bürgermeister der Kommunen ihres Kreises weiter. Die daraufhin einlaufenden Antwortschreiben sind für den Kreis Warendorf zum Teil erhalten und liegen bei den Akten des Landratsamtes Warendorf im Staatsarchiv Münster.

In betr. des Scheiben Schiessens schrieb Bürgermeister Schultz am 2. Oktober 18 16: Die Eingesessenen der Stadt Sassenberg haben in Vorzeiten auch wohl vor und nach der Scheibe geschossen, seit dem sie aber die Gewehre abgeben mußten, und keine wiederum anschaffen können, ist es unterblieben, und die Wenigsten haben seit dem Gewehre in Händen; indessen vertraute ich es doch in Ordnung zu bringen, daß sie gegen Freytag, den 18ten dieses als auf dem Jahr Tag der Schlacht bey Leipzich das Erstemal wiederum das Scheiben Schiessen anfangen werden. Da dieses aber ein Arbeits Tag ist, werden die Leute an dem folgenden Sonntag anfangen, weil sie dabey nach geendigten Scheibenschiessen sich lustig zu machen pflegten.

Doch Bürgermeister Schultz war wohl zu optimistisch, was die Einführung des Scheibenschießens betraf. Für die folgenden Jahre gibt es keinerlei Hinweis, daß Schützenfeste stattgefunden haben, - im Gegenteil, als die Regierung in Münster wegen mehrerer Unglücksfälle beim Vogelschießen strenge Vorsichtsmaßnahmen erließ und die Feste unter schärfere Aufsicht bringen wollte, antwortete am 19. Dezember 1829 der Sassenberger Bürgermeister von Schücking auf eine entsprechende Anfrage des Landrats von Schmising, daß "in unserem Bezirke keine Schießfeste, als Scheiben und Vogel Schiessen etc. bestehen."

Armut der Bevölkerung und Fehlen jeglicher Schützentradition

Diese Mitteilung erscheint angesichts der ständig herrschenden schlimmen Armut des Großteils der Sassenberger Bevölkerung und aufgrund des Fehlens jeglicher Schützentradition des Ortes durchaus glaubhaft. Es ist kaum zu vermuten, daß man damals in Sassenberg heimlich und ohne behördliche Genehmigung Schützenfeste größeren Ausmaßes gefeiert hat, denn gerade in den dreißiger Jahren kontrollierte die Obrigkeit sehr genau, nicht nur, weil sie um die Sicherheit der Festteilnehmer besorgt war, sondern weil sie überall geheime Gesellschaften und politischen Mißbrauch des Versammlungsrechtes witterte, bei den "Lustbarkeiten" einen Verfall von Sitte und Moral befürchtete und die Untertanen des Hanges zu Schlägereien und der Trunksucht verdächtigte. Bis zum Jahre 1840 gibt es keine einzige Nachricht, die auf einen Sassenberger Schützenverein hindeutet oder gar seine Existenz beweist.

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