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2021 kann nur besonders werden

Sassenberg - Paul Rössmann (96) und Heinrich Krampe sind seit 70 Jahren Mitglied im Bürgerschützenverein. Und das ist – Corona hin oder her – natürlich eine Ehrung wert, die Pressesprecher Frank Deitert übernimmt. Für diese haben sich die beiden Jubilare in Schale geschmissen: schwarzes Sakko, weißes Hemd, grüne Krawatte, und der Schützenhut darf auch nicht fehlen. Paul Roessmann und Heinrich Krampe fuer 70 Jahre im Buergerschuetzenverein ausgezeichnet 2021 kann nur besonders werden image 1024 width


Wer zurzeit durch Sassenberg fährt, der sieht sie überall: Die grün-weißen Fahnen flattern in der guten Stube der Stadt an den Häusern. Sie künden davon, dass jetzt eigentlich Schützenfest-Zeit wäre. Auf diese liebgewonnene Tradition muss der Bürgerschützenverein wegen der Corona-Pandemie verzichten - zum ersten Mal seit 1949.


Verglichen mit dem, was zwei der ältesten Mitglieder des Vereins schon erlebt haben, ist die aktuelle Situation aber nicht viel mehr als ein Ärgernis. Da ist sich die kleine Gruppe, die am Donnerstag ins Café Arenhövel gekommen ist, komplett einig.


Der Anlass: Paul Rössmann (96) und Heinrich Krampe sind seit 70 Jahren Mitglied im Bürgerschützenverein. Und das ist - Corona hin oder her - natürlich eine Ehrung wert, die Pressesprecher Frank Deitert übernimmt. Für diese haben sich die beiden Jubilare in Schale geschmissen: schwarzes Sakko, weißes Hemd, grüne Krawatte, und der Schützenhut darf auch nicht fehlen.


Die Stimmung bei diesem Treffen unter sehr besonderen Umständen ist dann auch nicht viel anders, als wenn das Wiedersehen beim Schützenfest stattgefunden hätte. „Guck, hallo Paul!“, sagt Heinrich Krampe zur Begrüßung und flachst gleich ein bisschen: „Ach, du hast ja die Orden mitgebracht. Meine sind zu Hause. Ich hab‘ aber auch gar nicht so viele wie du.“ Paul Rössmann beweist ähnlich viel Humor: „Da musste ich 96 Jahre alt werden, bis das Schützenfest mal wieder ausfällt. . .“
 


Dass das schon mal vorgekommen ist, daran können sich die jüngeren, und selbst die nicht mehr ganz so jungen Generationen nicht mehr erinnern. Die beiden aber schon. Schließlich haben sie auch noch die schlimmen Zeiten des Zweiten Weltkriegs hautnah miterlebt. Der verhinderte von 1939 bis in die ersten Nachkriegsjahre, nämlich bis 1949, dass die damals schon jahrzehntealte Tradition fortgesetzt wurde.
 


Für Heinrich Krampe war das erste Schützenfest, an das er sich noch gut erinnern kann, gleichzeitig das vorerst letzte. Denn als Zehnjähriger lief er schon 1939 mit. Damals feierte der Bürgerschützenverein sein 100-jähriges Bestehen.
 


Danach war erst mal Schluss. Rössmann musste als Soldat dienen, geriet später in Kriegsgefangenschaft und kehrte erst im September 1949 aus Sibirien zurück. Zum Winterschützenfest in der Adventszeit trat er bereits in den Verein ein. Krampe erlebte die letzten Jahre des Krieges zwar nicht in Russland, musste kurz vor der endgültigen Niederlage aber noch zum „schanzen“ – dem letzten, sinnlosen Aufgebot Nazideutschlands, bei dem die Jugend zur Verteidigung herangezogen wurde. „Brandgefährlich und der größte Blödsinn überhaupt“, sagt er heute.
 


Die Erinnerungen an diese Zeit waren noch frisch, als 1949 die Bundesrepublik gegründet wurde, langsam wieder etwas Normalität in das Leben der Menschen einkehrte und auch in Sassenberg wieder an ein Schützenfest gedacht werden konnte. Schusswaffen waren 1949 aber noch verboten, weshalb der erste König nach dem Krieg mit einer Armbrust ausgemacht wurde.
 


Ansonsten, finden beide Jubilare, habe sich das Schützenfest in all den Jahren gar nicht so sehr verändert, wie man es annehmen könnte. Nur das Wetter, ob des guten Termins Mitte Juli meistens gnädig mit den Bürgerschützen, hat dann doch nicht in allen 70 Jahren mitgespielt. Heinrich Krampe erinnert sich beispielsweise an 1954: „Da hat es während des Umzugs so fürchterlich geschüttet, dass mehrere hundert Leute in eine Scheune geflüchtet sind. Und später mussten die Frauen mit ihren Stöckelschuhen durch die Mudke – das war schlimm“, sagt er und lacht.


So richtig schlimm war es – verglichen mit dem, was er und Rössmann vorher erlebt hatten – aber eben doch nicht. Einen kleinen Trost hat Krampe deshalb auch für alle, die in diesem Jahr dem ausgefallenen Fest hinterhertrauern. Denn 1949 war für ihn ja nach langer Zwangspause das erste. „Und wenn ich zurückdenke, dann war es auch das allerschönste. Es hat vorher zehn Jahre keines gegeben. Deshalb waren die Leute ganz verrückt drauf.“ So gesehen kann es 2021 eigentlich nur ganz besonders gut werden.

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