sidetitle 2017

Als die Königin noch am Straßenrand jubelte

Glockebericht JubelkoeniginSassenberg (jor) - Noch zwei Wochen sind es bis zum Schützenfest im Brook. Da kommen bei vielen Schützen Erinnerungen an zurückliegende Feste auf. Heute blickt eine „Königin für eine Nacht“ zurück.

Früher war alles besser? Das stimmt so nicht. Und früher war auch nicht mehr Lametta, wie die Loriot-Freunde immer zu witzeln pflegen. Im Gegenteil. Eine Frau, die in Sassenberg vor 50 Jahren Königin wurde, konnte diese Ehre gerade einmal für eine rauschende Ballnacht genießen.

 Dann holte sie der Alltag wieder ein. Ida Hülsmann muss es wissen. Sie war vor genau 50 Jahren Königin der Bürgerschützen und begleitete den bereits 1978 verstorbenen Bernhard Maibaum auf den Thron. „In einem grünen Kleid“, wie sie sich erinnert. Das hatte sie gerade passenderweise im Schrank hängen, und ohnehin wäre die Zeit, ein neues zu kaufen, schon zu knapp gewesen. !968 fand die Krönung noch um 17 Uhr statt. Von ihrer Nominierung erfuhr sie daheim. „Zu jener Zeit waren die Schützenfeste noch nahezu reine Männersache“, wissen nicht nur die Söhne des damaligen Königs, Heinz und Werner.

Auch Ida Hülsmanns Sohn Manfred kann sich so weit zurückerinnern. Männersache waren auch die Zeiten zwischen den Festen, sofern es überhaupt weitere Aktivitäten gab. Die heute üblichen gegenseitigen Besuche anderer Vereine und sonstige Aktionen gab es vor einem halben Jahrhundert so noch nicht. Sogar die Kutschfahrt zum Festplatz im darauffolgenden Jahr war dem König vorbehalten. „Königin“ Ida Hülsmann stand mit Töchterchen Ulla winkend am Straßenrand – was sich als ein Glück für die weitere Entwicklung erweisen sollte. Denn dem seinerzeitigen Präsidenten Max Wilbrand wurde in diesem Moment die Absurdität der Situation bewusst. „Der König fährt in der Kutsche und die Königin steht an der Straße – das geht nicht“, beschloss er. Auf den Bildern in den Chroniken lässt sich nachvollziehen, dass dies alsbald geändert wurde.

Der Ball selbst „war ganz gut“, sagt Ida Hülsmann mit westfälischem Enthusiasmus. Soll heißen: „Es war toll.“

 Sie kannte das alles ja bereits aus anderer Perspektive. Ihr Mann Theo war jahrelang im Vorstand und die Schicksale der Familien Maibaum und Hülsmann waren schützentechnisch sehr verwoben. Idas Mutter, Ida Niemann-Borgmann war 1934 Schützenkönigin von Anton Maibaum gewesen, dem Vater des Königs von 1968.

Der wiederum hatte sich mit Idas Mann Theo Hülsmann abgesprochen, dass sie jeweils die Frau des andern zur Königin wählen wollten, so sie den Vogel abschießen sollten.

 Ein Versprechen, das Theo Hülsmann drei Jahre nach der Königinnenrolle seiner Frau einlöste und Maibaums Gattin zur Königin machte. Und die durfte, Ida Hülsmanns Winken vom Straßenrand sei Dank, dann auch schon in der Kutsche mitfahren.

Quelle: "Die Glocke" vom 21.06.2018  /  Text & Foto: Rieder