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Raus aus der Routine

Jubilaeumskoenigin Hedwig Wiewel freut sich aufs Schuetzenfest in Sassenberg Raus aus der Routine image 630 420f wnJubiläumskönigin Hedwig Wiewel freut sich aufs Schützenfest in Sassenberg

Sassenberg - Als mittags die Reiter auf den Hof kamen, ahnte Hedwig Wiewel schon, was jetzt kommen würde. Es war heiß an jenem Schützenfest-Montag 1967.

Obwohl schützenfestbegeistert war sie zu Hause geblieben, schließlich hatte sie sich um die drei kleinen Kinder zu kümmern. „Das war damals so üblich“, erzählt sie 50 Jahre später auf der schattigen Veranda hinter dem Haus. „Der Schützenfest-Montag war morgens nur für die Männer.“

Auch ihr Mann war zu Hause. Ihr Nachbar August Hülsmann allerdings war nach dem Milchfahren am Morgen noch bei Sefie Linnemann eingekehrt, erzählt Sohn Heinz Hülsmann. Damals 15 Jahre alt, erinnert er sich noch gut an jenen denkwürdigen Juli vor 50 Jahren.

In der Gasstätte habe Heinz Scheffer, Schießmeister der Bürgerschützen, den Freund überredet, auf den Vogel zu schießen, erzählt Heinz Hülsmann. Er lieh Hülsmann, der noch in Arbeitskleidung steckte, sogar seine Schützenjacke, denn ohne die durfte natürlich nicht auf den Vogel angelegt werden. In den sechziger Jahren sei es schwierig gewesen, Freiwillige für das Königsschießen zu finden, plaudert der Schützen-Präsident Franz-Josef Ostlinning ein wenig aus der Vereinsgeschichte. Der Königsball dagegen habe regen Zulauf gefunden. Sogar die Plätze im Zelt mussten reserviert werden.

Vor 50 Jahren gab es immerhin zwei Anwärter auf die Königswürde. Im Ringen mit Antonius „Tönne“ Arenbeck war August Hülsmann prompt erfolgreich und erwählte, wie es damals Brauch war, seine Nachbarin zur Schützenkönigin. Als die Adjutanten ihr die Nachricht überbrachten, begann für Hedwig Wiewel ein denkwürdiger Tag. Zusammen mit den anderen Damen des Nachbarschaftsthrons ging es zunächst nach Warendorf, um Kleider zu kaufen, und danach zum Friseur. „An dem Tag musste dann mein Mann die Kühe melken, ich durfte ja nicht mehr, wegen der Frisur“, erinnert sie sich verschmitzt. Die Krönung im Pavillon auf dem Schützenplatz, ein gemeinsames Essen mit dem Thron in der Königsschänke und danach der große Königsball: „Es war das einzige Mal, dass ich das alles mitmachen konnte“, freut sie sich noch heute.

Die Männer des damaligen Throns sind mittlerweile alle verstorben. Hedwig Wiewel aber wird in diesem Jahr für ihr goldenes Thronjubiläum offiziell vom Bürgerschützenverein geehrt. Gleichzeitig feiert sie am Sonntag auch noch ihren 85. Geburtstag. „Mein Geburtstag lag oft an Schützenfest“, erzählt sie. Besonders gerne erinnert sie sich dabei an den 75. und den 80. Weil die runden Geburtstage auf den Schützenfestmontag fielen, machten die Königinnen von der Königsschänke aus einen kleinen Abstecher zum Gratulieren.

Die Regentschaft von Schützenkönig August Hülsmann vor 50 Jahren hat aber nicht nur im Leben seiner Nachbarin bleibende Erinnerungen hinterlassen. Auch eine andere Tradition der Bürgerschützen wurde vermutlich in diesem Juli 1967 begründet. „Es war das erste Jahr, in dem der König ‚nach Hause gebracht‘ wurde“, ist sich Vorstandsmitglied Frank Deitert sicher.

Begleitet vom neugegründeten Fanfarenzug zogen die verbliebenen Gäste des Königsballs zum Hof des Königs und wurden dort noch einmal richtig bewirtet. Heinz Hülsmann kann sich noch daran erinnern, Eier gebraten zu haben. Seither sind am frühen Dienstagmorgen regelmäßig noch mehrere hundert Menschen beim amtierenden König zu Gast, um die Zeit des grünweißen Wahnsinns in trauter Runde ausklingen zu lassen und sich für den Heimweg zu stärken. Beim diesjährigen Schützenfest vom 7. bis 10. Juni unter dem Motto „Das wird unser Fest!“ wird das nicht anders sein.

Quelle: WN vom 30.06.2017  / Text & Foto: U. Brevern

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