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Freut Euch des Lebens

     
 

Wir sind Schützenfest: Die Musiker Hermann Pelster, Heinz Böckmann, Felix Tarner und Frank Schöne erzählen von ereignisreichen Weckrufen. Foto: Oertker

Musik-Veteranen erinnern sich

Sassenberg - Wo Schützenfest gefeiert wird, dürfen Flöten, Pauke, Lyra und Becken nicht fehlen. Der Sassenberger Spielmannszug weiß seine Instrumente seit Jahrzehnten am Schützenfestmontag, dem Hauptfesttag gekonnt einzusetzen. Beim Weckruf erklingt noch vor dem ersten Hahnenschrei das Lied „Freut euch des Lebens“.

„Wir sind Schützenfest“ darf zu Recht auch der Sassenberger Spielmannszug von sich behaupten. Denn neben musikalischer Begleitung bei den Umzügen und Platzkonzerten ist der Verein vor allem berühmt berüchtigt für seinen morgendlichen Weckruf am Schützenfestmontag. Richtig interessant wird es, wenn Sassenberger Musik-Veteranen in Erinnerungen schwelgen und die ein oder andere Anekdote auspacken. Hermann Pelster erinnerte sich bei einem Treffen mit seinen Vereinskollegen Heinz Böckmann, Felix Tarner und Frank Schöne an die traditionellen Weckrufe der vergangenen Jahrzehnte.

„Anfangs fand der Weckruf mit einem Anhängergespann an einem alten Unimog statt, später wurden die Musiker auf der Ladefläche eines LKWs gefahren, berichtet Pelster, der selber 25 Jahre lang Fahrer des LKWs war und 10 Jahre die Pauke im Spielmannszug schlug. „Heute dient ein Bus als Gefährt der 46 Kilometer langen Strecke“, ergänzt Heinz Böckmann, der die Rolle des Fahrers vor vier Jahren übernommen hat nachdem er 40 Jahre mit Querflöte und Pauke im Verein aktiv war.

Bereits um 1 Uhr in der Nacht trifft sich das Weckkommando alljährlich um bereits eine Stunde später nach und nach die Bettruhe der Sassenberger Schützenfestfreunde zu beenden. Dabei werden besonders gerne die Häuser von Vorstandsmitgliedern und alten Königen angefahren, wobei das leibliche Wohl natürlich nie zu kurz kam. „Einen Schnaps an jeder Haustür haben wir nicht geschafft, schließlich fahren wir knapp 65 Häuser direkt an“, weiß Felix Tarner aus Erfahrung zu berichten, schließlich hat er 37 Jahre lang im Spielmannszug mitgespielt und davon knapp 15 Jahre als Tambourmajor agiert.

Etwa 150 Lieder werden bei einem Weckruf gespielt, davon mindestens 65 Mal, nämlich vor jeder Station das Lied „Freut euch des Lebens“. „Damit uns die Puste nicht ausging wurden wir immer gut bewirtet“, sind sich alle Musik-Veteranen einig. Ob ein Frühstück mit Rührei aus der Kupferpfanne bei Familie Borgmann, ein Tablett Malteser auf Eis bei Anni Storck, ein Fischfrühstück bei Heinz und Elisabeth Böckmann, Mettendchen und natürlich der ein oder andere Schnaps mit einem Bier bei vielen anderen Geweckten sorgte stets für weitere Energie. „Auch der Verzehr von rohen Eiern, die mit dem Kordelschmuck aufgetippt wurden gehörte zur Tradition“, berichtet Frank Schöne, aktives Mitglied und Querflötenspieler seit 31 Jahren, schmunzelnd. „Auch heute werden wir immer noch gut versorgt, das Frühstück bei Averesch und bei dem alten König ist uns jedes Jahr sehr willkommen“.

Schützen, die in der Nacht in Unterhemd und mit Schärpe die Tür öffneten, die Rücken voller Käfer wenn man aus dem Brook herausfuhr oder der frühmorgendliche Walzertanz von Josef Philipper mit „Oma Kövener“ sind unvergessen. „Erst vor einigen Jahren haben wir mit dem Scheffer LKW eine alte Eiche mitgenommen da die Äste vom Regen so tief hingen“, erinnern sich die Musiker nur allzu gut, „denn oft genug lief uns der Regen den Nacken hinunter“. Wieso es bisher nur Hermann Pelster geschafft hat, Schützenkönig zu werden, können die Herren sofort grinsend beantworten. „Wir Musiker haben einfach keine Zeit zum Zielen! Und schließlich sehen es doch viele von uns noch am Dienstagmorgen als Aufgabe an, den neuen Schützenkönig mit musikalischer Begleitung nach Hause zu bringen“.

Ein wenig Wehmut ist Hermann Pelster und Felix Tarner bei dem Gedanken an das anstehende Schützenfest anzusehen. „Auch wenn wir nicht mehr aktiv bei dem Weckruf dabei sind, schlafen können wir in der Nacht zum Schützenfestmontag trotzdem nicht gut.“ Beide sind sich jedoch sicher, dass Heinz Böckmann und Frank Schöne sie gut vertreten werden und gemeinsam mit den weiteren Musikern wieder einen schönen Weckruf in knapp drei Wochen mit dem Lied „Freut euch des Lebens“ erleben werden.

Quelle:  WN vom 26.06.2014 / Text & Foto:  Theresa Oertker